Kanzler Scholz weigert sich, der Ukraine Taurus-Marschflugkörper zu liefern. Unter anderem mit Blick auf ungeklärte rechtliche Fragen, so heißt es seit Wochen aus Regierungskreisen. Nun stellt sich heraus: Die Bundesregierung unternimmt nichts, um solche Fragen zu klären.

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Berichten zufolge hatte Scholz hinter verschlossenen Türen im Auswärtigen Ausschuss erklärt, Frankreich und Großbritannien, die beide die Ukraine mit Marschflugkörpern ähnlicher Bauart und vom selben Hersteller unterstützen, könnten etwas, “was wir nicht dürfen”. Damit stelle sich die Frage einer Lieferung nicht. Konkreter wurde der Kanzler vor den Abgeordneten nicht, doch auch andere SPD-Politiker führten mehrfach rechtliche Unklarheiten ins Feld.

Auf eine Anfrage bei der Bundesregierung erhielt Kiesewetter jedoch nun die Mitteilung, dass seit Mai kein Gutachten in Auftrag gegeben wurde, das etwaige offene Rechtsfragen zur Tauruslieferung klären würde. “Die Bundesregierung stellt mit der Antwort auf meine Nachfrage nun klar, dass es niemals rechtliche Fragen bei Taurus gab”, sagt der CDU-Politiker. “Denn sonst wäre ein Rechtsgutachten erstellt worden.” Für Kiesewetter stellt sich die Frage, “wie die Minister noch angeblich offene Fragen hätten klären wollen und warum seit Mai kein Gutachten erstellt wurde”.

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Auch Sicherheitsexperte Gustav Gressel hält angeführte rechtliche Bedenken gegen eine Taurus-Lieferung für nicht valide. Die Unterstützung von Bundeswehr-Soldaten in der Ukraine sei auch nicht notwendig, um Taurus zu programmieren. “Es gibt andere Staaten, die ebenfalls Taurus nutzen, wie Schweden, Spanien und Südkorea. Auch dort wird kein permanentes Bundeswehrkontingent benötigt, weder für Navigationsdaten noch für die Integration des Marschflugkörpers in die bestehenden Systeme.”

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Der Grund für die Weigerung des Kanzleramts, der Ukraine Taurus zu liefern, liegt für Gressel vor allem im Emotionalen. “Wenn man sieht, wie sich nach einem Storm-Shadow-Angriff das Hauptquartier der russischen Schwarzmeerflotte in Rauch auflöst, sind das ikonische Bilder”, sagt der Militärexperte. “Egal wie der Krieg ausgeht, diese Bilder werden in jedem Geschichtsbuch darüber auftauchen.” Scholz und große Teile der SPD wollten nicht, dass deutsche Waffen Bilder solcher Art produzieren oder damit in Verbindung gebracht werden. “Das kann man nicht rational erklären”, so Gressel. “Da kommen bei ihnen die Blockaden her.”

Aus Sicht des Verteidigungspolitikers Kiesewetter mangelt es Scholz am Willen zu verhindern, dass Russland weitere Versorgungslinien in der Ukraine aufbauen und die Zivilbevölkerung weiter terrorisieren könne. “Er will nicht, dass die Ukraine ihr Territorium befreit.” In der Strategie des Kanzlers, das nicht offen zu kommunizieren, sieht der CDU-Politiker das Ziel, “Parlament, Bevölkerung und internationale Partner erstaunlich perfide hinters Licht führen”. Gressel sieht das ähnlich: “Die Briten und Franzosen kratzen sich nur am Kopf über das, was hier in Berlin gequasselt wird.”

  • Quittenbrot@feddit.de
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    11 months ago

    So wie ich Kiesewetter in diesem Artikel verstehe, geht es einerseits um Scholz’ “was wir nicht dürfen”, das leider nicht weiter konkretisiert wurde, und andererseits um “doch auch andere SPD-Politiker führten mehrfach rechtliche Unklarheiten ins Feld.”

    Wenn er nun aufgrund seiner Anfrage feststellt, dass es gar kein Gutachten zur Klärung rechtlicher Fragen gegeben hat, kann ich schon nachvollziehen, dass sich bei ihm Fragezeichen auftun und er sich fragt, auf welcher Grundlage die bisherige Haltung eigentlich gebildet wurde.

    • Ooops@kbin.social
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      11 months ago

      Du brauchst ein Rechtsgutachten, um zu erfahren, dass Deutschland -im Gegensatz zu Frankreich oder Großbritannien- nicht einfach Bundeswehrsoldaten in einem Konflikt im Ausland einsetzen darf? Guck einfach mal ins Grundgesetz. Oder für weitere Details ins Urteil des Verfassungsgerichtes vom 12. Juli 1994… Oder dem auf Basis des Urteil beschlossenen Parlamentsbeteiligungsgesetzes von 2005.

      Dann stellst du dann fest, dass das möglich ist, aber nur, wenn der Einsatz ausdrücklich vom Parlament beschlossen wird.

      Es gibt also kein rechtlich halboffizielles “Wir haben da Soldaten im Einsatz, die Flugkörper programmieren, aber wir reden nicht drüber”.

      PS: Und nur um das klarzustellen, ich habe aus dem Artikel Gressel zitiert, nicht den im Titel benannten Kiesewetter.

      • Quittenbrot@feddit.de
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        11 months ago

        Du brauchst ein Rechtsgutachten, um zu erfahren, dass Deutschland -im Gegensatz zu Frankreich oder Großbritannien- nicht einfach Bundeswehrsoldaten in einem Konflikt im Ausland einsetzen darf?

        Nein. Aber dann sollten das die entsprechenden Leute auch genau so kommunizieren. Es schießen doch auch deshalb so fröhlich diese ganzen Spekulationen ins Kraut, weil sich eben nicht klar geäußert wird. Kiesewetter kann ich da schon verstehen.

        Bzgl. Gressel: ich bin zu sehr Laie, um wirklich beurteilen zu können, was tatsächlich für den Betrieb von Taurus in ukrainischer Hand notwendig wäre. Seinen Einwand, dass es ja auch andere Länder gibt, die Taurus betreiben können, ohne das ihnen ständig einer in Flecktarn die Hand halten muss, verstehe ich so:

        wenn es so ist, dass man Soldaten von “echten” Betreiberländern von Taurus braucht, um das System auch wirklich nutzen zu können, uns das (dein berechtigter Einwand) aber aufgrund gesetzlicher Bestimmungen nicht möglich ist, man aber grundsätzlich möchte, dass sie dieses Waffensystem bekommen, dann kann man kreativ nach Lösungen suchen, dass dieser “Vor-Ort-Service” eben von Partnern abgewickelt wird, denen das möglich ist.

        Der Eindruck, der sich einstellt, auch siehe oben die eher nebulösen Aussagen statt klarer Benennung der Hinderungsgründe, ist leider nur der, dass es eigentlich ganz recht kommt, dass es nicht möglich ist und man nicht groß nach Wegen sucht, es doch möglich zu machen.

        Das dann zu benennen - und zu kritisieren - fände ich legitim.

        • Ooops@kbin.social
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          11 months ago

          Da hast du völlig recht. Bitte benennt, diskutiert und kritisiert. Aber wie ich oben schon langwierig dargestellt habe, ist ein Benennen der Details und eine Diskussion über diese offenbar nicht gewünscht. Vor beiden Seiten. Sonst würde irgendjemand verdammt nochmal den Mund aufmachen und etwas anderes von sich gebe, als immer nur das selbe Narrativ.

          Da kann sich jetzt jeder denken, was er möchte, warum das so ist… aber “Olaf Scholz setzt seine magischen Gedankenkontrollkräfte ein, damit alle nur spekulieren, weil niemand im letzten Jahrzehnt je von Taurus gehört hat (inklusive der Presse, die ursprünglich noch vor Jahren Berichte geschrieben hat)” ist jetzt nicht so weit obven auf meiner Liste.

          Der allmächtige Olaf, der eigenhändig gegen Deutschland und die ganze Welt die Lieferung von Taurus blockiert, ist hingegen das einzige Thema, das wirklich diskutiert wird. Seit 6 Monaten…

          Dementsprechend ist auch meine Meinung der ganzen “Diskussion”. Das ist ein Schmierentheater für Idioten, damit sie sich ein bißchen in ihrer Empörung suhlen können. Und eine willkommene Bühne für Selbstdarsteller und Populisten. Sobald irgendjemand von denen etwas Produktives zu sagen hat, bin ich dabei.

          Solange das hier aber nur die selbe Märchenstunde wie im letzten halben Jahr ist, können sie meiner Meinung nach alle die Fresse halten.