Gerade Ostfriesland gilt traditionell als Bastion von Teetrinkern, die kräftige Assam Broken mit einer malzig-brotigen Tasse in erstaunlichen Mengen zu sich nehmen. Aber auch anderenorts verbindet man mit den Tees dieser Provenienz einen gehaltvollen Charakter, wenngleich oft auch die etwas leichteren, aber immer noch ausdrucksstarken Assam Blatt bevorzugt werden. Doch trotz der maßgeblichen Unter stützung der Ostfriesen ist Deutschland unter den Abnehmern der gewaltigen 650.000 bis 700.000 t, die jährlich in Assam hergestellt werden, gänzlich unbedeutend. Der wesentliche Teil des Tees wird in Indien selbst konsumiert; als Exportdestinationen dominieren (mit zur Zeit sinkender Tendenz) Iran (28%) und Russland (13%), erst unter ferner ist Deutschland mit weniger als 1% zu finden.
Entsprechend begrenzt sind unsere Einflussmöglichkeiten, auch wenn es sich bei der überschaubaren Menge, die wir dort kaufen, in der Regel um hochwertigere und damit auch teure Tees handelt, die in der Herstellung aber auch eines größeren Maßes an Hinwendung bedürfen. Allerdings sehen sich immer mehr Produzenten außerstande, auf die vielfältigen Anforderungen einzugehen, die mit einem Verkauf nach Deutschland einhergehen. Assam steht auf dem Weltmarkt in einem intensiven Wettbewerb vor allem mit Kenia, Sri Lanka (im Teehandel beharrlich Ceylon genannt) und China, die sich einen wachsenden Anteil an den globalen Exporten erarbeiten konnten und viele ihrer Tees günstiger anbieten können, was allzu oft zulasten der einfachen Beschäftigten auf den Gärten und ihrer Entlohnung realisiert wird, aber auch auf geschickteres Marketing, bessere Infrastruktur, rationellere Produktionsmethoden und nicht zuletzt auch stabilere Wetterbedingungen zurückzuführen ist, die in Assam in einem eher kläglichen Zustand verharren.
So wird denn versucht, jede aus hiesiger Sicht so überaus wünschenswerte Erhöhung des ohnehin jämmerlichen Lohnes der Arbeiterinnen und Arbeiter (der übrigens in Indien von der Regierung festgesetzt wird) über Personalreduzierung auszugleichen, während gleichzeitig an den sonst reichlich vorhandenen Defiziten wenig geändert wird. Letztlich führt dies zu einem Mangel an Fachkräften, selteneren und unachtsameren Pflückungen und damit zu schlechteren Qualitäten, die sich zwar auf dem Weltmarkt gerade noch kostendeckend verkaufen lassen, hierzulande aber auf wenig Gegenliebe stoßen. Gerade die eingangs erwähnten gehaltvollen Tees mit ihren hübschen Tips, wie sie (nicht nur) in Ostfriesland so beliebt sind, werden immer seltener und zu der von uns schon des öfteren erwähnten Nadel in einem großen Haufen Heu, die es zu finden gilt. Aber die Arbeit lohnt, bereiten diese Tees doch immer wieder Genüsse, wie es sie in dieser Form eben nur aus Assam gibt.
Quelle: Hauptkatalog 2024