Mal angenommen ihr seid allein zu Hause mit eurem Kind. Plötzlich fällt ihr um. Herzinfarkt, Schlaganfall, von der Leiter gefallen, etc. Was macht euer Kind, was noch nicht lesen kann? Z.B. 6 Jahre? Was habt ihr im beigebracht?
Mal angenommen ihr seid allein zu Hause mit eurem Kind. Plötzlich fällt ihr um. Herzinfarkt, Schlaganfall, von der Leiter gefallen, etc. Was macht euer Kind, was noch nicht lesen kann? Z.B. 6 Jahre? Was habt ihr im beigebracht?
Als ehemaliger Disponent in einer Leitstelle:
Erstaunlicher Weise sind Kinder da oft richtig gut bei. Kinder reagieren sehr sensitiv auf Normabweichung (die Woche nach der Zeitumstellung ist deswegen auch so unbeliebt…) und erkennen tlw. med. Notfälle erstaunlich gut.
Und: Kinder haben es gelernt im Notfall um Hilfe zu fragen - ob das der Sand an den Händen oder die bewusstlose Bezugsperson ist, ist erstmal egal. Und in sehr sehr viel Kindermedien wird das Thema Notruf mittlerweile thematisiert (das fängt schon bei Paw Patrol und Feuerwehrmann Sam an). Ebenso ist die Nummer durchaus im Kindergarten ein Thema - Schau dir nur zahllose Kinderbilder von Feuerwehrautos und Rettungswagen an, welche Nummer steht drauf?
Und Kinder schaffen es auch oft erstaunlich früh über Smartphones oder Festnetz Hilfe zu holen (btw: Ein guter Grund für das gute alte Festnetz…). Ich hab schon 3 jährige erlebt die Hilfe geholt haben weil die Mama nicht mehr aufstand.
Hat man die Kinder erstmal dran sind sie tatsächlich mit die angenehmsten Notrufpartner. Denn Sie fallen in dieser Situation meist in eine Art “Ruhe” zurück und lassen sich im Gespräch wenn man sie erstmal eingefangen hat sehr gut leiten. Und Kinder ordnen Dinge weniger ein. Sondern sie beantworten richtig angeleitet genau mit ihren Wahrnehmungen. Während ein Erwachsener auf eine Frage wie “Hat der Patient Brustschmerzen” anfängt mir die halbe Krankengeschichte zu erzählen und mir “verkaufen” will warum der Patient jetzt einen Herzinfarkt hat wird ein Kind auf eine kindgerechte ähnliche Frage eher mit der eigenen Wahrnehmung antworten. Ebenso folgen Kinder einem tatsächlich meist besser im Bezug auf Hilfsmaßnahmen.
Mittlerweile ist die Ortung auch oftmals mit geringem Aufwand möglich,dies war zu meinen Zeiten tlw. echt ein Problem. (Ich hab schon mal die gegenüberliegende Ladenzeile beschreiben lassen während der Kollege panisch nach der richtigen Kombi aus “dem roten Pferd wo man Windeln kauft, dem Bäcker und der Leberkäsemetzgerei” in unserem Kartenmaterial suchte).
Mit 6 Jahren ist das meist kein Problem mehr, 6 jährige sind da absolut aus dem unkritischen Alter raus. 3 Jahre ist da schwieriger, darunter ist es quasi unmöglich wenn nicht viel Glück& entsprechende Ausrüstung vorhanden (z.B. Hausnotrufgerät, Nofalltaste, Bild-Schnellwahl der Oma,etc.)
Nichts desto trotz:
Behaltet ein Festnetz. Es gibt zahllose Internet VoIp Anbieter die es hier tun. Die übermitteln alle eine Adresse an die Leitstelle.
Sprecht mit euren Kindern drüber wie man Hilfe holt, wann und legt einen Plan fest. Übt das regelmäßig.
Macht klar,dass Telefone nicht der Weisheit letzter Schluss sein müssen. Es kann z.B. auch ein Weg sein überall im Haus zu klingeln oder in den Laden im EG zu rennen.
Redet bei der Gelegenheit bitte auch über das Verhalten bei Feuer. Das ist auch problematisch da Kinder hier komplett gegen die Erwachsenen-Intuition reagieren.
Tolle Antwort! Danke! In guter Tradition: 🥇
Vielen lieben Dank für deinen ausführliche Darstellung! Ja ich glaube auch, dass Kinder etwas unbefangener sind und dadurch leichter Schema F‘s umsetzen.
Wir werden mit unserem Kind das Szenario durchspielen. Unsere Uhren haben eine Notfall Funktion, die super einfach erreichbar ist + Schuh in die Tür klemmen, damit Einsatzkräfte rein können.
Den Tipp mit der „analogen“ Hilfeholung (bei Nachbarn sturmläuten) werden wir auch noch einbauen. Danke!
Oh wie, vielen Dank für diesen tollen Beitrag!
Kannst du diesen Punkt vielleicht noch mal etwas mehr erläutern, wenn deine Zeit es zulässt? Ich kann mir da nämlich grade gar nichts drunter vorstellen…
Erwachsene rennen bei Feuer meist nach draußen, an Fenster, etc.
Kinder leider nicht unbedingt. Für sie ist das Feuer etwas,dass ihr gewohntes Umfeld bedroht,aber nicht fassbar ist. (Quasi wie das Monster unter dem Bett).
Als Resultat verstecken sich Kinder oft, an den unmöglichsten Stellen (unter dem Bett, in der Abstellkammer, im Kleiderschrank der Eltern) oder rennen sogar in Richtung des Feuers (manchmal um ein Versteck zu erreichen,aber auch um selbst empfundene Wertgegenstände - vom Kuscheltier bis zum Bild das man der Oma schicken will-)zu retten. (Wobei letzteres auch bei manchen Erwachsenen auftritt).
Schlussendlich sind Kinder aufgrund der starken sensorischen Überforderung (ggf. Nacht, Rauchmelder gehen, Feuer ist laut, Geruch, etc.) in dem Moment verwirrt.
Sprecht das mit euren Kindern deswegen oft durch, zeigt ihnen wie es klingt wenn ein Rauchmelder(*) auslöst, die Fluchtwege, an welches Fenster man notfalls gehen kann, älteren Kindern auch die heiße Klinke Regel und wie man sich schützt falls man nicht mehr raus kann (Textilien unter die Tür, etc.).
*: Und wer nicht flächendeckend funktionierende Rauchmelder hat der haut sich selber jetzt mal so richtig in die Fresse. Ich habe in über 20 Jahren in dem Job nicht einen Toten erlebt der bei vorhandenen Rauchmeldern starb und nicht aus anderen Umständen wie einer Primärflamme, Explosion oder aufgrund fehlender Mobilität starb. Leite ernsthaft. Gerade jetzt vor Weihnachten: Kauft die scheiss Dinger. Verschenkt sie, sorgt gerade bei alten Verwandten dafür,dass die Dinger überall hängen. (Es gibt auch Hausnotrufsysteme mit Rauchmelder-Anbindung)
Super, vielen Dank für die abermals sehr ausführliche Antwort :)
Rauchmelder hängen 👍