Ein Fond, der Chinas wankenden Immobiliensektor mit Kapital versorgt hat, ist in Zahlungsverzug geraten. Selbst Staatschef Xi Jinping kann dazu nicht mehr schweigen.

Chinas Immobilienkrise bleibt nicht länger auf den Häusersektor beschränkt, sondern strahlt auch auf andere Bereiche wie den Arbeits- und Devisenmarkt aus. Besonders große Sorge bereitet derzeit die Verquickung der Immobilienbranche mit dem Finanzsektor, der sie entscheidend finanziert hat. Auf diesem Weg könnte der Preisverfall am Wohnungsmarkt zum Systemproblem werden.

Sogar Staats- und Parteichef Xi Jinping hat sich zur aktuellen Konjunkturentwicklung geäußert. Das ist ungewöhnlich: Er steht sonst über den Dingen und überlässt wirtschaftspolitische Bekanntmachungen seinem Premierminister. Doch die derzeitige Wirtschaftslage ist offensichtlich zu ernst, um zu schweigen.

Angesichts von einer Jugendarbeitslosigkeit über 20 Prozent hatte Xi vor ein paar Wochen schon mal dazu aufgerufen, “Bitterkeit zu essen” (“chi ku”) und Härten auszuhalten. Das habe er als Jugendlicher während der Kulturrevolution schließlich auch lernen müssen.

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Seine Botschaft lautet also: Es macht nichts, wenn es jetzt weniger Jobs gibt und der Wert der Immobilien sinkt. Es komme auf ganz andere, auf innere Werte an. Xis Versuch, die Probleme mit altsozialistischer Rhetorik herunterzuspielen, verfing jedoch nicht. Am Donnerstag versetzte er die Märkte damit nur noch mehr in Unruhe. Zu dicht kamen die Einschläge negativer Konjunkturnachrichten in den vergangenen Tagen.

Mit Zhongrong International Trust musste jetzt auch erstmals eine sogenannte Schattenbank schwere Probleme einräumen. Das sind Finanzinstitutionen, die keine Banklizenz haben, aber Geld im Auftrag von Anlegern investieren. Es handelt sich in China um wichtige Akteure. Eine Pleite würde die Stimmung weiter kippen lassen.

Wie Reuters berichtet, hat Zhongrong International Trust Liquiditätsschwierigkeiten. Der Fonds muss Anleger bereits vertrösten, die vergeblich auf Zinsen und Auszahlungen für ihre Geldanlagen warten. Zhongrong ist einer der führenden Anbieter von in China weit verbreiteten Anlageprodukten. Das Unternehmen hat beträchtliche Summen am Immobilienmarkt investiert.

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Außerdem bleiben viele Objekte zum alten Marktpreis einfach liegen. Das erklärt ebenfalls die Stagnation in den offiziellen Zahlen: Viele Geschäfte finden einfach nicht statt. Daher entstehen auch keine neuen Preispunkte. Aktuelle Daten zeigen einen hohen Rückgang der Verkaufszahlen um mehr als 30 Prozent. Eine Million Wohnungen finden in dem traurigen Markt gar keine Käufer. Sie stehen leer.

Der gefährliche Mix toxischer Entwicklungen gefährdet die chinesische Volkswirtschaft insgesamt. Der Immobiliensektor trägt allein schon zu rund einem Fünftel der Wirtschaftsleistung Chinas bei. Aber wird der Finanzsektor noch stärker mit in diese Krise gesogen, wird das auch die Realwirtschaft treffen. Schon jetzt halten sich die Konsumenten mit neuen Käufen zurück, Firmen müssen die Preise senken, aber auch die Löhne, was nichts anderes heißt als Deflation. Die Kreditvergabe wird schwächeln, wenn die Banken vorsichtiger mit Risiken umgehen. Dann wird auch manch gute Geschäftsidee und manch solider Mittelständler am Geldmangel eingehen.

Beobachter rechnen damit, dass die chinesische Führung zu den bereits erfolgten Hilfen in den kommenden Wochen weitere Konjunkturmaßnahmen ergreifen und der ihr unterstehenden Zentralbank anweisen wird, die Zinsen zu senken. Doch je größer die Krise, desto wirkungsloser sind die Instrumente. Das angebotene Kapital findet in der Krisenstimmung oft keine ausreichend optimistischen und risikobereiten Abnehmer.