Viele sind mit der Gesamtsituation unzufrieden. Dabei kommt der Diskussionskultur eine Schlüsselrolle zu. Ich glaube nicht, dass diese sich ohne Initiativen ‘von unten’ verbessern wird. Ich glaube nicht, dass sich ohne deutliche Verbesserungen dort sonst viel verbessern wird.
Ich glaube, dass gute Dinge passieren können, wenn wir Ohnmachtsgefühle abschütteln und uns mit den ganz praktischen Seiten von Austausch beschäftigen.
Da wir uns hier online begegnen, bietet sich eine digitale Variante zum Experimentieren an, die aber schon oft mit Offline-Komponenten kombiniert worden ist: Pol.is.
Mit diesem Online-Werkzeug können die Standpunkte einer Diskussion gesammelt, weiterentwickelt und ihre Bewertungen statistisch aufbereitet werden. Das kann man dann auch als wiki survey bezeichnen, weil man die Umfrage selbst mitgestalten kann.
Aus meiner Sicht spricht für Pol.is, dass es zugleich einfach und komplex genug für viele Anwendungen zu sein scheint. Leute wurden offen gefragt, wie ihre Stadt sich verbessern kann oder es ging um konkrete Konflikte wie den Umgang mit AirBnB in Griechenland (s. https://compdemocracy.org/Case-studies/). Bei vorher schon bekannter Uneinigkeit bekommt man oft ein präziseres Bild der Differenzen, aber es können sich auch überraschende Gemeinsamkeiten oder sogar Lösungen auftun.
Ich will es hier kurz halten, habe vor einer Weile einen längeren Überblick dazu versucht, den ich in Gutes Morgen jetzt noch einmal gepostet habe. Aber das ist die Theorie - und ich schlage vor, dass wir uns mal zusammen ans Praktische machen:
Wir sammeln Erfahrungen mit so einem Prozess, lernen auf was man achten kann. Gleichzeitig kümmern wir uns um Inhalte, die uns interessieren. Später können z. B. Stadt-Communities lokalspezifische Diskussionen auch über Abo-Grenzen hinaus anstreben oder wir können mit anderen Ökosystemen wie dem Reddit-DACH in Dialog treten.
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Also schaut doch mal in meine Beschreibung und/oder in diese Pol.is-Diskussion ‘Pol.is zusammen ausprobieren’, die ich zur Veranschaulichung und zum Mitmachen erstellt habe.
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Nehmt euch einen kleinen Moment für Feedback und gerne zum Sammeln von möglichen Themen dort und/oder hier.
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Bei Interesse können wir dann die Details einer ersten eigentlichen Diskussion besprechen
Vielen Dank für Eure Aufmerksamkeit!
UPDATE 1.10.: Hier ist der Link zum Report, der zur Beispiel-Umfrage generiert wurde: https://pol.is/report/r9mk3wvcdcbsmmemfuus2
Es haben 15 Personen abgestimmt. Ich habe nicht abgestimmt, aber zu meinen 5 Statements kam nur relativ spät ein anderes dazu (“Ohne emoticons ist das kein ernsthafter Diskurs.”), auf das nur noch 3 Personen reagiert haben. Laut FAQ sieht das Team von Pol.is das Tool für weniger als 50 Teilnehmende nicht als geeignet, dazu kommen noch mißverständliche Formulierungen in meinen Statements (s. Update unten).
Als kleine ‘Erkenntnis’ könnte man trotzdem sehen, dass Skepsis nicht unbedingt mit Ablehnung zusammengefallen ist. Gruppe A sieht eher nicht großes Potential und Unterschiede gegenüber z. B. Lemmy, aber keine Person davon verneint explizit genug Neugier mitzumachen.
Bei der Frage, ob ein verbreiteter Einsatz von Pol.is einen Unterschied in der Gesellschaft machen würde, sieht das Bild bei 12 Stimmen so aus: jeweils 41% pro und contra, 16% Enthaltung.
Themen wurden keine vorgeschlagen, bei den Statements Nr. 3 und 4 dazu hat die “sehr konkrete Fragestellung” höhere Zustimmungswerte als das “sehr offene Thema”, aber da gibt es eben auch Doppelnennungen. Ich werde in einem neuen Beitrag das ‘angedrohte’ Mittelding zur Mobilität vorschlagen, das ist auch ein weites Feld, aber nicht uferlos sozusagen.
UPDATE 29.9.: Vielen Dank an alle, die bisher mitgemacht haben, auch bei dem Beispiel mit den Meta-Statements. Noch sind es nur die Startaussagen, wenn also jemand z.B. noch Themenvorschläge formulieren möchte - sehr gerne!
Durch gleichzeitige Zustimmung zu zwei Aussagen, die alternativ gedacht waren, bin ich auf missverständliche Formulierungen meinerseits aufmerksam geworden. Gemeint war, ob für eine Diskussion ein ganz offenes Thema wie ‘Was sollte sich alles ändern?’ bevorzugt wird oder ein enger gefasstes. Etwas wie ‘Mobiliät in der Zukunft’ wäre vielleicht ein Mittelding, wo vielleicht allen eine Regel, Investition, Maßnahme oder auch Feststellung zum status quo einfällt. Vielleicht am einfachsten Vorschläge machen. Dass wir hier 3 Länder umfassen, können wir sicher irgendwie hinkriegen.
Gibt es Anzeichen dafür das dann dort sinnvollere Diskussion geführt werden als anderswo?
Sieht technisch eher schlecht aus. Ich halte wenig davon einer auf einer Platform Abstimmungen durchzuführen wo man später nicht an die Ergebnisse kommt.
Danke für dein Feedback! Laut Erfahrungsberichten gibt es in vielen Fällen z.B. Einsichten, dass es vielleicht zwar schon zwei ‘Lager’ gibt, aber die nicht in allen Fragen extrem auseinanderliegen - ein Ansatzpunkt. Oder die Teilnehmenden merken, welche Änderungen an einer Formulierung zustimmingsfähiger sind- insofern vielleicht doch besser, die Zwischenergebnisse auch sichtbar zu machen, das geht.
Ich habe es nicht ausdrücklich geschrieben, aber selbstverständlich werde ich die Ergebnisse teilen! Das Beispiel soll auch der Anschaulichkeit dienen, über Einzelheiten der Durchführung müsste man dann eh noch sprechen.
Es geht mir nicht darum das DU das teilen wirst, (das kannst du tun) es geht mir eher darum das die Platform prinzipiell nicht dafür gebaut ist, das man sich die Rohdaten nimmt und selbst die Statistik auswertet.
Das du an dieser Stelle überhaupt aktiv werden musst, wäre meine Kritik an der Platform.
Also, zum Vergleich sind Ama’s auf Reddit so erfolgreich gewesen, weil die Platform die Fragen nicht selbst aktiv moderiert hat und die hochgewählten Fragen eben die ganz oben waren. Wenn die unangenehm waren und nicht beantwortet wurden, hat man gesehen das sich die Gefragten vor der Antwort drücken.
Auch die anderen Beispiel Fälle und “Showcases” die Pol.is auf ihrer Platform haben, bieten die Rohdaten nur auf deren Github Seite an, nicht von den Seiten der tatsächlichen Umfrage. D.h. es liegt an der Platform diese Daten zu veröffenltichen, oder halt nicht. Wenn es auf diese Art und Weise undurchsichtig ist, wer wie abgestimmt hat, ist Manipulation sehr einfach. Besonders wenn die Webseite open source ist und man einfach eine eigene Instanz betreiben kann und dann gefälschte Ergebnisse präsentieren kann, die von echten nicht zu unterscheiden ist. Damit ist die Platform was die Tauglichkeit angeht von Anfang an sehr stark im Minus, und müsste einige sehr nützliche Features haben um das wieder wett zu machen. Die sehe ich aber auch nicht.
Und ich mag es eigentlich überhaupt nicht so negativ zu sein, du hast mit deiner Initiative vollkommen Recht und bist eigentlich auf einem guten Weg.
Nur dieses Werkzeug ist nicht so gut.
Kein Problem, es ist ja konstruktiv, was du sagst. Ein mögliches Ergebnis kann ja sein, dass man ein Vorstellung, eine Art Skizze hat, wie diese Grundprobleme im Idealfall beseitigt werden könnten. Abgesehen von fehlenden Features - verstehe ich dich richtig, dass man im Prinzip mit dem vorhanden open source Code auf einer eigenen, transparenten, fälschungssicheren etc. Instanz das so einrichten könnte, dass zumindest diese Bedenken ausgeräumt werden?
Ich gebe zu, dass ich noch an einer etwas (zu?) pragmatischen Sicht hänge. Manipulation ist selten komplett ausgeschlossen, Vertrauen in irgendeiner Weise notwendig. Manchmal Vertrauen in Personen, manchmal eher darauf, dass es niemand den Aufwand wert ist zu manipulieren. Und nicht überall wo Rohdaten zur Gegenkontrolle ausgewertet werden können, macht sich wiederum jemand diese Mühe. Eine Konsequenz aus der von dir beschriebenen Anfälligkeit könnte sein, dass man Ergebnisse selbst bei sehr großen Teilnehmerzahlen nicht als repräsentativ framt, einen gewissen Vorbehalt mitartikuliert. Vielleicht könnte man es auch eher als kollaboratives Brainstorming sehen, weniger als Umfrage mit Interaktion.
Für diesen Zweck scheint mir das immer noch lohnenswert, ich kenne aber auch keine alternativen Werkzeuge. Ansonsten bleiben noch Übungseffekte, die zu pass kommen, wenn die Technik mal sicher ist.
Edit: Ein Korrektiv, das hier nicht zur Verfügung steht, ist noch ein Offline-Treffen. Wenn z. B. in einer ‘Virtual Townhall’ heimlich zensiert wird und Stimmanteile verschoben würden, dann könnte das bei der anschließenden realen Townhall auffliegen, wo z. B. jemand seinen Beitrag nicht bei den ausgeduckten aussortierten findet oder das gesamte Stimmungsbild ein anderes ist.
Klingt nach viel Idee und Motivation aber ich versteh nicht wie “ja” oder “nein” (daumen hoch, daumen runter?) sie verbessern sollen.
Wir brauchen perspektivwechsel.
Logische Fehler müssen aufgezeigt werden und Aussagen dann nicht bewertet sondern als ungültig gekennzeichnet werden.
Es müssen Fakten von Meinungen getrennt werden, und der Grad an “Meinung” in einer Aussage muss gekennzeichnet sein.
Dann kann man rational reden.
Klingt nach viel Idee und Motivation aber ich versteh nicht wie “ja” oder “nein” (daumen hoch, daumen runter?) sie verbessern sollen.
Die Diskussionskultur? Es ist nicht nur binär. Außer Zustimmen/Ablehnen/Passen gibt es noch die Möglichkeit eigene Statements beizutragen. Das ist anders als bei 52 Sonntagsfragen im Jahr etc. Gegenüber Kommentarbereichen wiederum stehen einzelne Aussagen ‘nackter’ da - da finde ich auch schon die Abstimmung tendenziell aufschlußreicher als ein Daumen hoch/runter unter einem längeren Kommentar, das was auch immer in diesem Kommentar gilt. Und vielleicht ist ja selbst in der ‘komischen’/‘anderen’ Gruppe der ärgste Stuss weniger beliebt als angenommen? Die größeren Pol.is-Diskussionen sind eher Ereignisse außer der Reihe, zu denen auch unterschiedliche Leute überhaupt mal ein ‘Forum’ teilen. Andere Foren, ob Feddit-Community oder Telegram-Gruppe, sind eher Alltag, eher Ingroup, denke ich.
Es müssen Fakten von Meinungen getrennt werden, und der Grad an “Meinung” in einer Aussage muss gekennzeichnet sein.
Ich denke der klassische Typus einer Pol.is-Aussage ist Wunsch/Forderung a la “Wir brauchen ein Tempolimit.” Das ist Meinung und gleichzeitig eine konkrete Maßnahme auf dem Tisch. Glaubenssätze sind auch interessant. Wenn jemand schreibt “Es gibt keinen menschengemachten Klimawandel!‘Klimaschutz’ ist daher ein unnötiger und ungerechtfertiger Eingriff in meine Freiheit!” würde ich sagen, die Pol.is-Diskussion selbst ist der Ort, wo Widerspruch durch Abstimmung passiert und sich aber auch zeigt, wie hoch der Grad der Zustimmung in der Gruppe ist, die sonst gegen alle möglichen konkreten Klimaschutzmaßnahmen stimmt. Eine Einordnung wie haltlos der Kommentar ist - so etwas sollte absolut auch danach thematisiert werden, z. B. durch die Organisierenden, auch Zeitungen, die solche Diskussionen öfter direkt begleiten.
Ich finde, die Struktur so einer Diskussion ist der nüchtern-rationalen Aufdröselung emotional aufgeladener Themen eigentlich gerade förderlich.
Hm, du scheinst sehr optimistisch zu sein, was diese Software angeht, aber ich kann der anderen kommentierenden Person nur zustimmen.
Es hat sich ja schon deutlich gezeigt, dass Diskussionen, die alle Seiten ganz “neutral” an den Tisch holen wollen, oft unlogische, falsche, diskriminierende, menschenfeindliche Aussagen als valide Meinungen darstehen lassen.
Das Problem ist doch nicht, Menschen in einer vernunftbasierten Diskussion zu überzeugen. Weil die meisten Leute haben ja erst ihr Weltbild und ihren emotionalen Bezug dazu und suchen sich dann passende Diskussionsstandpunkte dafür. Denen geht es im Grunde nicht um eine inhaltliche Auseinandersetzung, sondern denen geht es darum, ihre Emotionen darauf projizieren zu können. Klimawandel macht ihnen Angst, weil dann könnten sie ja ihr stabiles Leben/gesellschaftlichen Status verlieren, trans Menschen machen ihnen Angst, weil die rütteln an der Stabilität-gebenden Geschlechterbinarität, Geflüchtete machen ihnen Angst, weil dann müssten sie ja was von dem was sie haben teilen und steigen gesellschaftlich ab. Cis Männern machen feministische Standpunkte Angst, weil dann müssten sie sich ja ihre eigene Mitverantwortung und priveligierte Positionierung eingestehen (wie erst neulich unter dem einen Post über patriarchale Gewalt hier gesehen). Omnivore Menschen haben Angst vor vegan lebenden Menschen, weil die greifen durch ihre Selbstdisziplin und ihren Verzicht eben den eigenen Doppelstandard von omnivoren Menschen an (also sich als guten Menschen zu fühlen, aber dann massenhafte Folter zu unterstützen und dem Klima zu schaden).
Es geht doch eigentlich um diese ganzen Emotionen, die diese Themen auslösen. Und ich hab das in meinem Leben schon viel zu oft erlebt, dass ich versuche, auf ner inhaltlichen Ebene darüber zu diskutieren, aber die andere Person eben nicht bereit ist, auf meine Argumente logisch einzugehen, weil es für sie eben eigentlich um die emotionale Ebene geht. Und dann drehen wir uns im Kreis, weil es uns eigentlich um ganz andere Dinge geht. Ich erzeuge als vegan lebende, queere, trans, autistische Person eben ganz oft in Leuten das Irritationen und Verunsicherung. Und dann lassen mich andere eben ihre Irritationen spüren oder wollen darüber reden, warum ich so anders bin, oder exotisieren mich. Aber eigentlich geht es diesen Menschen dann um sich und ihre eigenen Emotionen. Und da hilft dann keine Diskussion.
Vermeintlich “neutrale” Diskussionen zu führen ist deshalb mMn überhaupt nicht möglich. Denn abseits von dieser emotionalen Ebene, die ich angesprochen habe, gibt es ja auch ganz verschiedene Machtverhältnisse innerhalb unserer Gesellschaft. Wem wird eher geglaubt, wem wird mehr Kompetenz zugesprochen, welche Argumente passen eher in das eigene Weltbild, welche Argumente passen eher zu gesellschaftlichen Erzählungen, welche Normen gibt es rund herum um das Thema, und und und. Auch die Demokratisierung von solchen Diskussionen wird doch eher nach hinten losgehen. Wenn wir der Mehrheit die macht geben direkt zu entscheiden, dann sind Minderheiten am Arsch. Die Mehrheit juckt es nicht, dass es Minderheiten schlecht geht und vielmehr stören sie diese vielmehr auch noch, weil dann müsste die breite Masse ja vielleicht ein paar Abstriche machen. Das können wir sehr deutlich an den vielen sehr hart geführten, emanzipatorischen Kämpfen sehen, die eben immer nur ein bisschen mehr erreichen können, aber denen von der Dominanzgesellschaft immer nur so viel zugesprochen wird wie gerade nötig.
Der Gedanke an eine faire und neutrale Diskussion, die nur auf logischen Argumenten und Fakten beruht, ist wirklich eine schöne Vorstellung. Aber eben nicht realisierbar oder zumindest nicht in unsere Gesellschaft, vor allem nicht in der kapitalistischen Ellenbogengesellschaft, in der wir leben!
ETA: nichtsdestotrotz kann diese Software natürlich für einige Fälle durchaus sehr nützlich sein. Wenn z.B. davon ausgegangen werden kann, dass alle Beteiligten offen gegenüber dem Ausgang der Diskussion sind und so ein inhaltlich fundierter Konsens gefunden werden soll (und überhaupt kann).
ETA: nichtsdestotrotz kann diese Software natürlich für einige Fälle durchaus sehr nützlich sein. Wenn z.B. davon ausgegangen werden kann, dass alle Beteiligten offen gegenüber dem Ausgang der Diskussion sind und so ein inhaltlich fundierter Konsens gefunden werden soll (und überhaupt kann).
Ich finde auch, dass ist doch schonmal was wert. Solche Konsensbildungen können auch ein Gegengewicht zur neoliberalen Atomisierung sein und den Auflösungserscheinungen diverser Gruppierungen.
du scheinst sehr optimistisch zu sein, was diese Software angeht
Zumindest denke ich, dass manche der skeptischen oder pessimistischen Vorbehalte in den Kommentaren auf alle möglichen Arten von Kommunikation zutreffen, und insofern man die nicht ganz aufgeben will, eh mit allgemeinen Widrigkeiten oder Unzulänglichkeiten umgegangen werden muss. Andererseits befürchte ich schon, dass ich so ein bisschen wie ein frisch erleuchteter Jünger dieser Plattform rüberkomme. Für mich hat nur die erwähnte ‘nicht zu simpel / nicht zu kompliziert’-Anlage eine gewisse reizvolle Eleganz, die Vorteile bringt und gleichzeitig nicht vergessen lässt, das keine Software es Menschen abnehmen kann, Austausch möglichst konstruktiv auf die Reihe zu kriegen. Und die praktischen Erfahrungen, die andere mit Pol.is gemacht haben, finde ich jetzt nicht so abschreckend.
Die verfahrenen (und dazu verletzenden) Situationen, die du schilderst gibt es auf jeden Fall. Aber nicht zuletzt durch die lieben Algorithmen und Player jenseits des Fediverse und auch traditionellere mediale Logiken gibt es auch verzerrende Effekte, die letztlich ein noch dystopischeres und dabei selbsterfüllendes Bild der Gesellschaft zeigen als (noch) zutreffend ist. Beispiel reale Bürgerräte weltweit: Ja, besonders resistente Leute nehmen die Einladung gar nicht erst an, aber es gibt doch immer wieder ein gemischtes Feld. Und tendenziell wird da von einem echt reifen Miteinander berichtet. Und die Ergebnisse sind meist meilenweit von dem entfernt, was Berufspolitiker*innen als vermeintliche Naturgesetze wieder und wieder verbreiten: Dürfen nicht überfordern…das nimmt die Bürger nicht mit…das spaltet nur…wir selbst würden ja…wir haben gemacht, was möglich war, was wir nicht gemacht haben, war nicht möglich etc. Und es scheint sich ja mit dem Bild in Sozialen Medien etc. zu decken. Eigentlich dürften also solche Formate keine Chance haben, sie nutzen sie aber - auf der Ebene der Diskussionskultur. Was danach damit passiert (Ablage P) ist dann ein Problem für sich.
Ich denke auch, das Momentum der ‘Demokratie-Demos’ hätte man nutzen sollen, um auf solche klaren Gesten, aber eben nur Gesten, praktische Aussprache-Angebote zu schaffen - und da könnte so etwas wie Pol.is allein in quantitativer Hinsicht hilfreich sein. Und der Gestus von Lautsprechern, sie würden für eine schweigende Mehrheit sprechen, dürfte in so einer Arena auch eher entzaubert werden. Auch hasserfüllte Sätze schreiben sich unter einem Beitrag auf X glaub ich schneller als ein eigenes Statement in der Diskussion (das optional sogar erst von Mods freigeschaltet werden muss).
Ich sehe kritisch, dass man Desinformation runterwählen soll. Man muss Meinungen von Fakten trennen, und das wird hier nicht gemacht.
Wenn jemand den Klimawandel leugnet muss es keine Mehrheit an rationalen Menschen geben die das herunterwählen, sondern es muss als Falschaussage markiert und gesperrt werden.
Man kann sagen “Es gibt einen Klimawandel aber ich finde Forderung X zu groß”, weil das eine Meinung ist.
Trotzdem ist das halt immer noch zu eindimensional. Wir haben verschiedene Bundesländer, Stadt Land, Bildungsschichten, Reich und Arm.
Das müsste alles mit dazu, um es einzuordnen. Wenn ein armer Mensch sagt “Das Essen wird zu teuer” ist das was anderes, als bei einem reichen Menschen.
Wie man mit Desinformation umgeht, ist ja eine Frage der Organisation bzw. Absprache. Es gibt übrigens die Option, dass die Moderation Statements erst freischalten muss. Technisch also schon mal kein Problem.
Um solche Differenzierungen, wie du sie beschreibt geht es gerade. Stand heute haben Leute Erfolg mit einem Framing a la "Klimaschutz ist ein Hobby reicher Städter, denen der Kleine Mann völlig Wurst ist!’ Teil der Demontierung solcher Framings ist dann eben, dass man mal konkret vorstellt wie Klimaschutz und soziale Gerechtigkeit zusammen gehen können mit entsprechend sorgfältig formulierten Statements zu Klimageld, Infrastruktur und Daseinsvorsorge, Möglichkeiten progressiver Besteuerung etc.
Ich denke der klassische Typus einer Pol.is-Aussage ist Wunsch/Forderung a la “Wir brauchen ein Tempolimit.” […] die Pol.is-Diskussion selbst ist der Ort, wo Widerspruch durch Abstimmung passiert
Ich stimme @boredsquirrel@slrpnk.net zu. Warum? Sag ich nicht. Ist vielleicht nur eine Laune, weil mir der Benutzername gefällt.
Kleiner Spaß, der das Problem aber illustriert:
Meinungen und Maßnahmenforderungen kann man endlos rausposaunen. Diese könnnen teils emotional geladen sein und teils auf Unsinn beruhen.Es ist auch m.E. notwendig Fakten zu präsentieren. Positionen auf Basis dessen und unter Bezugnahme auf mögliche Gegenpositionen aufzubauen und daraus dann Meinungen ableiten. Hierbei aber stets trennen. Das muss mMn. immer Gegenstand von Diskussionen – insbesondere politischer Natur – sein. Ergebnisse solcher möglichst nüchterner faktenbasierter Dispute, können dann u.U. zu den Punkten werden, die man zur größeren Abstimmung stellt.
Das ist das, was meistens fehlt. Sowohl unter Berufspolitikern als auch unter Internethitzköpfen. Es ist offensichtlich, wie problematisch Politik für das Wohl einer Gesellschaft aber auch der Menschheit insgesamt ist, wenn diese nicht von Fakten geführt ist.
Werden einzelne Aussagen und Forderungen ohne solchen Kontext präsentiert, macht es diese Plattform für mich sinnlos. Die Komplexität diversester Probleme lässt es idR. nicht zu diese auf einen einzelnen Satz zu reduzieren und dann der Öffentlichkeit zu präsentieren. Das wird der Sache einfach nicht gerecht.
Abstimmungen mit wortlosen Auf- oder Abbewertungen sind infolgedessen auch bedeutungslos, da weder klar wird weshalb so abgestimmt wurde, noch ob die abstimmende Person überhaupt genug im Bilde war, um eine qualifizierte Meinung dadurch abgeben zu können.
Eine Einordnung wie haltlos der Kommentar ist - so etwas sollte absolut auch danach thematisiert werden, z. B. durch die Organisierenden, auch Zeitungen, die solche Diskussionen öfter direkt begleiten.
Dem entnehme ich, dass meine o.g. Einwände zutreffen. Man kann sich hier auch nicht darauf verlassen, dass einige Journalistys hin und wieder versuchen das einzuordnen (und wer weiß, wie faktentreu und objektiv die arbeiten). Und selbst wenn: wie viele Teilnehmer solcher Diskussionen setzen sich dann mit den Artikeln auseinander?
Ich sehe das daher genauso problematisch wie das, was wir ohnehin schon fast überall haben.
Parteien schreien einzelne Maßnahmen und Forderungen raus, klatschen wenige Worte auf ein Wahlplakat und wer populistisch genug ist oder gerade die richtigen Buchstaben findet, um die jeweilige Zielgruppe zu kitzeln, bekommt die Stimmen.
Natürlich sind Wahlplakate nur die Spitze davon. Aber auch jenseits dessen sieht es mit faktenbasierter, kritisch denkender Meinungsbildung und objektivem, klar von Meinungen und Emotionen getrennten Diskussionen meistens nicht besser aus. (Heißt nicht, dass Emotionen nicht auch eine Rolle spielen dürfen. Das dürfen sie bei Gelegenheit. Aber eine Differenzierung und Distanzierung muss dabei stattfinden.)Es gibt verschiedene Varianten, wie das Instrument eingesetzt wird. Eine ist mit einer vorgelagerten Phase mit einem Fakten-Briefing (klar, auch wieder ein Thema, wer das machen darf und wie das beeinflusst, aber geht ja erstmal in deine Richtung). Man kann auch eine erste Runde nutzen, um einen Überblick zu bekommen, wo die Leute stehen. Wenn das teilweise nicht kompetent ist, dann ist das eben ein Abbild des Status quo und Ausgangspunkt eines Prozesses, der in eine rationalere Richtung gehen kann.
Ein, zwei Sätze in Pol.is und ein ausführlicher, sorgfältiger aufgebauter und argumentierender Text - klar, das ist schon ein Unterschied. Die Bedenken verstehe ich schon auch, aber eine gewisse Übersichtlichkeit muss nicht schlimm sein. Pol.is ist eine Mischform aus Umfrage und Diskussion. In klassischen Umfragen gibt es auch keine Argumentation, entsprechend denken sich die Befragten ihren Teil einfach selbst oder kennen die Argumente aus anderen Quellen. In Pol.is hindert mich auch niemand statt
- “Wir brauchen ein Tempolimit”
zu schreiben
- “Die hohen Emissionen im Verkehrssektor sinken seit Jahren nicht im nötigen Maß. Ab 120km/h steigen die Emissionen mit jeder Steigerung überproportional. Daher ist ein Tempolimit 120km/h auf Autobahnen wirkungsvoll. Wir können es uns nicht leisten, diese Einsparungen nicht zu erzielen, auch wenn sie prozentual gering sind.”
Sinnvoll im Sinne der Funktionsweise von Pol.is nur, dass ich nicht auch noch die Mehrwertsteuersenkung für Milchalternativen in den selben Text packe. Und selbst die Verringerung von Parkplätzen passt zwar zum Thema, aber behindert die separate Abstimmung. Wenn man separat schreibt: “Ein Tempolimit würde helfen, die Zahl der Toten und Verletzen im Straßenverkehr zu reduzieren” und das bei manchen Gruppen deutlich mehr ‘zieht’ als das andere Statement, würden sich u. U. vielleicht Kampagnen eher an der niederländischen Geschichte orientieren als an dem Klima-Argument.
XD
enabled by advanced statistics and machine learning
Bullshitwerkzeug? Wirkt jedenfalls sehr abschreckend. Aber tief in der Beschreibung vergraben:
Does Polis use natural language processing (NLP)? No
Also zumindest kein vollkommen freidrehendes machine learning. Ansonsten klingen die Algorithmen eher weniger nach klassischem machine learning, eher klassische Datenanalysemethoden.
Genau, das hat mich erst auch beunruhigt, aber ich habe auch darüber geschrieben, dass es sich in den FAQ aufklärt. Sonst würde ich auch die Finger davon lassen. Es geht eigentlich nur darum automatisiert zu sehen, aha, 50 Leute stimmen Aussage B, T und X zu und 32 andere sind alle dagegen aber mehrheitlich für Aussage A usw. Haben wir da Gruppen, die für die (menschliche) Analyse interessant sind?
Das andere ist, dass die Reihenfolge nicht völlig zufällig ist, in der man die Statements gezeigt bekommt. Begründet wird das damit, dass man seine Zeit sinnvoller verwendet, wenn man erst über etwas anderes abstimmt als über die x-te Variante von etwas, das man schon öfter abgelehnt hat z. B. (Ausgehend von diesen Gruppenmustern)
Ich glaube am coolsten wäre es, wenn Lemmy seine votes offen machen würde, und dann könnte man solche Analysen einfach auf beliebige Kommentarspalten anwenden.
Gut, dafür hat man eine bewusstere Teilnahme bei solchen Diskussionen. Kommentare und die Abstimmung auf Lemmy und Co. sind halt oft auch diffus - was genau bekam da einen Daumen hoch? Am Ende ist man sich in einer Bubble vielleicht wieder mal ‘grob einig’, aber auch nicht immer einen Schritt vorangekommen? Bei solchen Pol.is-Diskussionen soll auch gefördet werden, dass man klare Aussagen hat und gegebenenfalls dann eine eigene Variante einbringt, wenn es nicht ganz die eigene Position beschreibt.
UPDATE: Vielen Dank an alle, die bisher mitgemacht haben, auch bei dem Beispiel mit den Meta-Statements. Noch sind es nur die Startaussagen, wenn also jemand z.B. noch Themenvorschläge formulieren möchte - sehr gerne!
Durch gleichzeitige Zustimmung zu zwei Aussagen, die alternativ gedacht waren, bin ich auf missverständliche Formulierungen meinerseits aufmerksam geworden. Gemeint war, ob für eine Diskussion ein ganz offenes Thema wie ‘Was sollte sich alles ändern?’ bevorzugt wird oder ein enger gefasstes. Etwas wie ‘Mobiliät in der Zukunft’ wäre vielleicht ein Mittelding, wo vielleicht allen eine Regel, Investition, Maßnahme oder auch Feststellung zum status quo einfällt. Vielleicht am einfachsten Vorschläge machen. Dass wir hier 3 Länder umfassen, können wir sicher irgendwie hinkriegen.
Die letzten beiden Links sind (noch) leer
Ah Murks! Vielen Dank, habs korrigiert!
Also ich habe mir das ganze jetzt mal etwas angeschaut und entdecke da keinen echten Mehrwert. Die Reports sehen ganz nett aus, aber ich wüsste nicht, was mir das bringen sollte, zufriedener mit der Gesamtsituation zu werden.
Als Diskussionsplattform ist Lemmy schon ganz gut und gegen das Ohnmachtsgefühl helfen aus meiner Sicht eher Reformen in Politik und Korruptions-/Lobbygesetzgebung als der Analyse von öffentlichen Diskussionen.
Ich will ja nicht Lemmy durch Pol.is ersetzen, beide haben ihre Stärken und Schwächen, können sich ergänzen (Die Skalierbarkeit ist auch nicht vergleichbar).
Und wie kommen Reformen und Gesetzgebungen zustande? Da gehen doch immer irgendwelche Arten von Kommunikation voraus. Manchmal problematisch exklusive, manchmal ist grade der außerparlamentarische ‘Druck’ problematisch. Im Moment haben wir z. B. einen Rechtsruck, bei dem wohl eine Partei und ein härterer Kern von Gleichgesinnten und eine weiterer Kreis von ‘Nicht-Abgeneigten’ zusammen eine Dynamik entfalten. Es sind einfache Lösungen und es muss nicht viel koordiniert o. geklärt werden, um die Sache am Kochen zu halten.
So genannte progressive Kräfte hätten viel Koordinations- und Klärungsarbeit vor sich, wenn sie sowohl Zersplitterung als auch allerkleinste gemeinsame Nenner vermeiden wollten. Da könnten solche Pol.is-Diskussionen schon Stück für Stück mehr Konsens bringen. Zum anderen geht wahrscheinlich nicht viel ohne sachliche Auseinandersetzung mit den ‘Nicht-Abgeneigten’, die noch erreichbar sind. Ein relativ neutrales Setting mit einer Pol.is-Struktur halte ich da für praktischer als die Kommentarbereiche der jeweiligen Foren.
UPDATE 2: Danke nochmal fürs Mitmachen, Link zum Report etc. s. oben im Text.